Beim Thema Steuern wissen die größten Patrioten, dass der Satz nicht stimmt, mit dem sie sonst jede Kritik am Staat zurückweisen: Der Satz nämlich, der Staat seien „Wir alle“. Diese Weisheit passt vielleicht für andere, die das Steuerzahlen vermeiden. Bei sich selbst kennt jeder den Gegensatz zwischen dem Ich und dem merkwürdigen „Wir“, das mir mein Geld wegnimmt. Tatsächlich sind die Steuern kein Tausch; die politische Herrschaft eignet sich von den Bürgern verdientes Geld ohne Gegenleistung an – allein auf Basis ihrer Hoheit. Steuern sind die einzige Form der Enteignung, die in der Gesellschaft des privaten Eigentums legal ist.
Egal wie gut begründet die Geldbedürfnisse der Obrigkeit sein mögen, die das Eigentum schützt. Privateigentümer halten ihre legale Enteignung nie für legitim, jedenfalls nie in der gesetzlich festgelegten Höhe. Daher bescheißen sie den Staat mit bestem Gewissen bei den Steuern, so gut sie können. Verschiedene Schichten der Gesellschaft können das sehr verschieden gut – und die Steuergesetzgebung sowie die Steuerfahndung hat bisher bei den Reichen, den Unternehmen und Unternehmern viele Rücksichten geübt und Augen zugedrückt. Deren Geld wird ja auch nicht für den Lebensunterhalt verbraucht, sondern ist zum Investieren da. Weil sie das Wirtschaftswachstum machen, von dem die Staatseinkünfte abhängen, schont der Staat ihre Bereicherung und schmälert lieber den Konsum der gar nicht reichen Mehrheit.
Dass er jetzt auch das Geld der Reichen braucht und haben will und aus allen möglichen Steueroasen eintreibt, bringt ans Licht, wie gut die ökonomisch herrschende Klasse ihr Vermögen vor dem Fiskus in Sicherheit gebracht hat. Jetzt sind Skandale fällig und das Jahrzehnte alte „Kavaliersdelikt“ rangiert auf einmal unter den richtigen Verbrechen. Das niedere Volk darf Schadenfreude empfinden und seinen Sozialneid befriedigen: Die verschärfte Indienstnahme auch der Reichen für die Staatsfinanzierung wird ihm als Fortschritt der Steuergerechtigkeit verkauft. Als ob man das nicht schon lange hätte haben können, wenn es darum ginge.
Der Fall Uli Hoeneß:
Menschliche Tragödie im Spannungsfeld von Moral, Staat und Finanzkapital, in GegenStandpunkt 2-13
Der Staatshaushalt
Von der Ökonomie der politischen Herrschaft, in GegenStandpunkt 4-97
Resultate (Hg. Karl Held)
Der bürgerliche Staat