Weltflüchtlingsmacht Deutschland

Datum
Ort
Leipzig
Themenbereich
Staatenkonkurrenz und Imperialismus

Merkel sagt: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“

Eben doch! Exakt dieses Land regiert Merkel seit über 10 Jahren – nach guter demokratischer Sitte mit Zustimmung ihrer Wähler. Sie soll also nicht so tun, als ob „mein Land“ und die Politik, mit der sie es machtvoll „gestaltet“, mit der Ablehnungsfront nichts zu tun haben, auf die ihr „freundliches Gesicht“deutschlandweit trifft. Sie weiß es auch besser: Täglich entschuldigt sie sich seit ihrer forschen Äußerung für das, was sie also selbst für eine Zumutung für „mein Land“ hält, das man offensichtlich nicht so leicht lieben kann ohne Missgunst gegenüber Fremden. Die Gründe dafür kennt sie nicht nur – gemeinhin ist sie auf die auch sehr stolz. Sie sind nämlich ihr Werk:

Sie hat ihr Land kompromisslos und erfolgreich auf den Anspruch getrimmt, einen ganzen Kontinent ökonomisch und politisch anzuführen und auf dieser Basis in der ersten Liga der Weltmächte mitzuspielen. Dem sind unter ihrer Führung alle Lebensverhältnisse unterworfen worden – mit den bekannten Resultaten, zu denen u.a. gehört,

  • dass die staatliche Festlegung eines Mindestlohns als soziale Wohltat gefeiert wird, weil das Ergattern irgendeines sozialversicherungsträchtigen Tariflohn-Jobs inzwischen als Inbegriff eines seltenen Glücks gilt;
  • dass die Aussicht auf einen finanziell abgesicherten Lebensabend als Traum vergangener Generationen ad acta gelegt ist;
  • dass die zunehmende Not ihres vollbeschäftigten Volkes, sich irgendeine bezahlbare Wohnung leisten zu können, zum Dauerbrenner aller Wahlkämpfe wird; dass die Drangsal von Eltern mit zwei bis drei Jobs, ihre Kinder irgendwo abzustellen, den Staat zur Formulierung eines Rechts auf einen Kita-Platz nötigt…

Aber nicht nur die Leistung, ihre lieben Deutschen systematisch in eine immer gnadenlosere Konkurrenz um immer härtere Lebens- und Arbeitsbedingungen gehetzt zu haben, darf sich die Kanzlerin zurechnen. Auch für die Erziehung dieses Volks von erbitterten Konkurrenten zu einem Haufen von Nationalisten, die allen anderen noch viel weniger gönnen, als sich gegenseitig, hat sie viel getan: Spätestens seit der Euro-Krise hetzt sie die Deutschen permanent dazu auf, sich die erzwungenen Glanzleistungen in Sachen Arbeiten, Verzichten, Sparen als das Recht auf ein deutsches Regiment über den Rest der europäischen Staaten einzubilden, also die imperialistische Führungsrolle der Nation als Überlegenheit ihrer tugendhaften Herrenmenschen über die minderwertigen europäischen Völker abzufeiern Diese Kanzlerin soll jetzt nicht so tun, als ob sie sich darüber wundert, dass ihr Volk sich nun auch gegenüber den Flüchtlingen genauso aufführt, wie es gute deutsche Sitte ist: sie als Konkurrenten um schlecht bezahlte Arbeit und kaum bezahlbare Wohnungen beargwöhnt und als unerträgliche Fremdkörper im nationalen Herrenkollektiv verachtet.


Für wohlmeinende Flüchtlingsfreunde sollte die unglaubwürdige Weigerung Merkels, sich zu der hässlichen nationalistischen Gesinnung als ihrem Werk zu bekennen, also kein Grund dafür sein, diese Figur sympathisch zu finden, nur weil ihnen das Gros der deutschen Patrioten aktuell noch ganz anders Angst macht als deren verlogene Kanzlerin. Denn nur im Vergleich zu dieser gegen die neuen Fremden nationalistisch aufgehetzten Meute von Konkurrenten ist Merkels „Gesicht“ überhaupt so etwas wie „freundlich“ – und billig zu haben ist es obendrein. Als ihre moralische Haltung besteht es nämlich bloß darin, die herrenmäßige Verachtung fremder Elendsgestalten in die von der gleichen herrenmäßigen Warte aus gefühlte mitleidige Herablassung gegenüber diesen Elenden umzupolen. Und als ihre praktische Politik ist es sofort alles andere als einfach nur „freundlich“: Unübersehbar geht das „freundliche Gesicht“ mit dem Auftrumpfen der deutschen Macht in und über Europa einher, die an den Flüchtlingen den unerbittlichen Wille vorführt, die Agenda zu definieren, um die sich Europa- und Weltpolitik gefälligst zu drehen haben.

Für uns ist es jedenfalls der Grund, danach zu fragen, für welche Zwecke die Führungsriege Deutschlands sich und ihrem Volk dermaßen viele Fremde zumutet – schon weil wir keinen Anhaltspunkt dafür haben zu glauben, dass dieses Deutschland angesichts von ein paar Hunderttausend Flüchtlingen von seinem Nationalismus und seinem Imperialismus auch nur einen Deut abrückt.

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